Insbesondere lernschwache Jugendliche aus eher bildungsfernen Elternhäusern und Jugendliche mit Migrationshintergrund haben Schwierigkeiten beim Übergang von der allgemeinbildenden Schule in die berufliche Ausbildung. Sie verfügen oftmals nicht über ausreichende Sprach- und Mathematikkenntnisse für den Erwerb eines Ausbildungsplatzes. Daher besuchen sie häufig ausbildungsvorbereitende Bildungsgänge an beruflichen Schulen.
Diese Schülerinnen und Schüler verstehen Rechenwege und Erklärungen kaum oder gar nicht. Sie können häufig nur unter großen Schwierigkeiten eigenständig Textaufgaben lösen. Daher muss arbeitsweltbezogener Mathematikunterricht sprachsensibel gestaltet werden. Es fehlen jedoch praxistaugliche Unterrichtsmaterialien sowie Fortbildungskonzepte und -module. Diese Lücke zu schließen, hatte sich die Erasmus+ Strategische Partnerschaft „Language for Mathematics in Vocational Contexts“ (LaMaVoC) zum Ziel gesetzt.
Neue Unterrichts- und Fortbildungsmaterialien für den Mathematikunterricht
Im Herbst 2017 startete das Projekt „LaMaVoC“ mit Partnerorganisationen aus den Niederlanden, Schweden und Deutschland unter Koordination der EU-Geschäftsstelle für Wirtschaft und Berufsbildung der Bezirksregierung Arnsberg. Beteiligt waren ferner vier Berufskollegs aus NRW und berufliche Schulen aus den Niederlanden und aus Schweden. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgte durch die Technische Universität Dortmund, die Pädgagogische Hochschule Freiburg sowie die Universitäten Utrecht (NL) und Stockholm (SW). Darüber hinaus waren die Industrie- und Handelskammer Dortmund, der Deutsche Gewerkschaftsbund, das Ministerium für Schule und Bildung in NRW und die Lehreraus- und -fortbildung Partner des Projekts.
Zentrales Ziel des Projekts war es, für berufsvorbereitende Klassen im gewerblich-technischen und landwirtschaftlichen Bereich Unterrichtskonzepte für den Mathematikunterricht zu entwickeln, die sich an beruflichen Aufgaben und Problemstellungen orientieren und den sprachlichen und mathematischen Kompetenzerwerb stärken. Die entwickelten arbeitsweltbezogenen Materialien wurden in Fortbildungsmodule für Mathematiklehrkräfte integriert, um diese für Sprachbildung im arbeitsweltbezogenen Mathematikunterricht zu professionalisieren. Langfristig sollen die Ergebnisse in die Professionalisierungssysteme der Partnerregionen und -länder systematisch integriert werden.
Ausführlich erklärt
Hier finden Sie eine Einführung zum Thema „Mathe sprachsensibel am Berufskolleg“. Die Herausforderungen für Lernende in BFS-Klassen, das im Rahmen von „LaMaVoC“ erarbeitete Unterrichtskonzept und das Fortbildungskonzept werden in diesem Dokument ausführlich beschrieben.
Unterrichtseinheiten
Hier finden Sie erste Unterrichtseinheiten, um den Mathematikunterricht verständlich und abwechslungsreich zu gestalten, den Voraussetzungen und Fähigkeiten der Lernenden gerecht zu werden und auf die Ansprüche im Beruf vorzubereiten. Dazu wurden drei Themenbereiche der mathematischen Grundbildung ausgesucht, und zwar Prozente, Proportionales und Tabellen und Diagramme, um diese für die Lernenden zu entwickeln. Die mit wissenschaftlicher Begleitung entwickelten Unterrichtsreihen wurden anschließend in den Niederlanden, in Schweden und in Deutschland erprobt. Ausschnitte aus dem Unterricht wurden gefilmt. Zudem wurde der sprachliche und der mathematische Stand der Jugendlichen vor und nach dem Unterrichten der jeweiligen Reihe getestet und anschließend durch Lehrkräfte und „Wissenschaft“ verbessert und angepasst.
Passgenaue Fortbildungen
Für die nachhaltige Implementation des Unterrichts- und Fortbildungskonzepts wurde ein Qualifizierungskonzept für Fortbildner und Fortbildnerinnen entwickelt. Mithilfe dieses Konzepts sollen Fortbildner und Fortbildnerinnen verschiedener Professionalisierungssysteme für die entwickelten Konzepte und ihre Hintergründe weitergebildet werden. Das Fortbildungsmodul „Sprachliche Hürden bewältigen: Ansätze zur Sprachförderung im Mathematikunterricht und beim Fachrechnen“ und dessen Inhalte sind hier beschrieben:
Einige der im Projekt entwickelten Fortbildungsinhalte wurden bereits in ein Regelangebot der Bezirksregierung Arnsberg überführt.
Ergebnisse von LaMaVoC werden im Rahmen des Modellprojektes „Talentschulen“ weitergenutzt
Die Landesregierung NRW wird im Schulversuch „Talentschulen“ bis zu 60 Schulen mit zusätzlichen Ressourcen ausstatten, hiervon auch 15 Berufskollegs. Mit diesem Schulversuch werden Ansätze für die Erhöhung der Bildungsgerechtigkeit erarbeitet, erprobt und evaluiert.
Ausgehend von dem Projekt LaMaVoC ist im Rahmen dieses Schulversuchs ein Kooperationsprojekt zum berufsfeldbezogenen und -übergreifenden sprachlichen und fachlichen Lernen in Zusammenarbeit mit der TU Dortmund entstanden. Die zwölf teilnehmenden Schulen bilden ein Fach-Netzwerk, das gemeinsame Konzepte und Materialien für berufsfeldübergreifendes sprachliches und fachliches Lernen entwickelt, die an den Talentschulen erprobt werden und anschließend an anderen Berufskollegs genutzt werden können.
Prof. Dr. Susanne Prediger von der TU Dortmund konnte in Zusammenarbeit mit Jun.-Prof. Dr. Lena Wessel die Schulleitungen der zwölf Berufskollegs für das Folgeprojekt „Sprachbildender Fachunterricht“ überzeugen, in welches die Ergebnisse aus LaMaVoC einfließen werden. Dies beinhaltet sowohl die Ergebnisse auf der Unterrichtsebene als auch auf der Fortbildungsebene. Die beiden Zielgruppen des LaMaVoC-Projektes „Lernende in der Ausbildungsvorbereitung und in den Berufsfachschulen“ sowie die dort unterrichtenden Mathematiklehrkräfte sind auch die Zielgruppen des Folgeprojektes.
Alle zwölf Talentschulen im Rahmen des Schulversuchs werden zusätzliche Stellen für Lehrkräfte (sogenannte Netzwerklehrkräfte für Sprachförderung) erhalten. Für die Koordination werden weitere Stellen für die TU Dortmund bereitgestellt, die als Koordinationsfachkräfte mit der TU Dortmund kooperieren und an den Berufskollegs verankert sind. Eine Lehrkraft aus dem Projekt LaMaVoC wird ihre Arbeit zum sprachsensiblen Fachunterricht an der TU Dortmund fortsetzen. viele Lehrkräfte der Talentschulen konnten bereits bei der Abschlusstagung des LaMaVoC-Projektes einen ersten Einblick erhalten.
Weitere Informationen
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