Für Europa eine Bereicherung – Ehrenamt in der Erwachsenenbildung - Good Practice -
Ehrenamtliche sind eine unverzichtbare Unterstützung in vielen Bildungseinrichtungen. Die ehrenamtlich geleitete Volkshochschule Krempe nutzt die Fortbildungsmöglichkeiten in Erasmus+ und profitiert von begeisterten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Die Volkshochschule Krempe e. V. ist seit 1953 als gemeinnütziger Verein in der Erwachsenenbildung tätig. Krempe, nördlich von Hamburg gelegen, ist mit etwa 2.400 Einwohnern der ländliche Zentralort in der Krempermarsch. In Schleswig-Holstein gibt es aktuell 150 Volkshochschulen, von denen 91 nebenberuflich/ehrenamtlich geleitet werden. So auch die Volkshochschule in Krempe, die keine hauptamtlichen Mitarbeitenden hat. Wie in vielen anderen Vereinen auch, nehmen die Pflichtaufgaben für den Vorstand ständig zu. Warum beschäftigt sich dann ein ehrenamtlich geführter Verein auch noch zusätzlich mit der umfangreichen Beantragung und Abwicklung von ERASMUS + Projekten?
Die ehrenamtlich geführte Volkshochschule Krempe e.V. engagiert sich im ERASMUS+ Programm
Darauf weiß Maria Meiners-Gefken als erste Vorsitzende des Vereins schnell eine Antwort. „Über meine hauptamtliche Tätigkeit bei einem Bildungsträger der beruflichen Ausbildung kannte ich das Programm bereits und sah sofort unsere Chancen auch für die Erwachsenenbildung,“ so die Vorsitzende. „Als Projektleiterin erlebte ich, mit welcher Begeisterung und neuem Elan die Auszubildenden und die Dozenten von ihren Auslandsaufenthalten zurückkamen. Diesen Schwung für die Erwachsenenbildung im eigenen Verein zu nutzen, das ist unser Ziel seit 2017“. Zudem betont sie, wie wichtig die finanzielle Förderung für den kleinen Verein ist. Bei einer ordnungsgemäßen Durchführung der Projekte ist die finanzielle Förderung zu 100 Prozent gesichert. „Wir organisieren die Reisen so, dass für unsere Dozenten und Ehrenamtler in der Regel keine Kosten entstehen,“ betont die Kremper Vorsitzende.
Erasmus+ wird etabliert sich an der Volkshochschule
Mittlerweile stellt die Volkshochschule Krempe regelmäßig pro Jahr einen neuen Antrag im Bereich ERASMUS+ Leitaktion1 Mobilität. Im Mittelpunkt der zweijährigen Projekte stehen einwöchige Kurse oder mehrtägige Jobshadowing bei Partnern in Island, Polen, Italien und Spanien. Jeweils eine Gruppe von bis zu 15 Teilnehmenden der Volkshochschule Krempe nimmt dort an einer Auslandsfortbildung teil, besucht Partnerorganisationen und tauscht sich mit deren Kolleginnen und Kollegen aus.
Bisher standen Themen wie Stärkung der interkulturellen Kompetenzen, Gestaltung von Bildungsangeboten für ältere Menschen und die Stärkung des Ehrenamtes in der Erwachsenenbildung im Fokus. Diese Themen sind aktuell für die Volkshochschul-Arbeit in Krempe von Bedeutung. Die ERASMUS+ Auslandsfortbildungen sind mittlerweile ein fester Bestandteil des jährlichen Kursangebotes und werden aufmerksam in der Öffentlichkeit wahrgenommen.
Fortbildungschancen für alle Mitarbeitenden

Als Teilnehmende kommen alle „Mitarbeitenden“ in Betracht, die sich inhaltlich und organisatorisch mit dem Programm der Volkshochschule Krempe beschäftigen und/oder sich mit den „Hörern“ aktiv auseinandersetzen. Das sind neben den Mitgliedern des Vorstands die Kursleitenden und Projektmitarbeitenden, vor allem aber auch ihre ehrenamtlichen Mitarbeitenden. Diese wirken in den verschiedenen Freiwilligenprojekten und in den Arbeitsgruppen (Integration, Gesundheit, Digitalisierung, Kultur) mit.
Ob beim Sprachunterricht in der Flüchtlingsarbeit, beim Durchführen von Bewegungsangeboten in der Seniorenbetreuung oder beim Anschieben von neuen Projekten, die Freiwilligenarbeit stellt über die Volkschochschule Krempe für die Kommune eine starke unverzichtbare Säule dar. Gerade im ländlichen Bereich sind soziale und kulturelle Projekte ohne Unterstützung der Ehrenamtlichen oft gar nicht umsetzbar.
Hürden können überwunden werden
Auch wenn die Auslandsfortbildung der Teilnehmenden finanziell über ERASMUS+ gefördert wird, gilt es zunächst verschiedene Hürden zu überwinden. Die Fortbildungen finden generell in englischer Sprache statt, was für viele vor allem ältere Teilnehmende eine echte Herausforderung darstellt. Eine weitere Hürde ist es, dass alle nebenberuflichen und ehrenamtlich tätigen Teilnehmende, die noch nicht im Ruhestand sind, privat wertvolle Urlaubstage für die Fortbildung opfern müssen.
Nach anfänglicher Skepsis zeigt sich jetzt, dass das ERASMUS+ Angebot der Volkshochschule Krempe zunehmend diese Hürden überwindet. Die positiven Rückmeldungen aus den ersten Mobilitäten ermutigen immer mehr Volkshochschul Mitarbeitende zur Teilnahme. Teilnehmende mit soliden Englischkenntnissen funktionieren in kritischen Situationen als Übersetzer. Die Erfahrung zeigt, dass im Kursverlauf Teilnehmende zunehmend mutiger werden und sich an der Diskussion in englischer Sprache beteiligen. Für jüngere Mitarbeitende mit Kleinkindern wurde beim letzten Aufenthalt im Januar 2020 in San Cristobal de la Laguna im Norden Teneriffas sogar eine zusätzliche Kinderbetreuung angeboten. Die Mütter und Väter von fünf Kindern konnten tagsüber am Kurs teilnehmen und abends die Zeit gemeinsam verbringen. Dieses Angebot ermöglichte zum ersten Mal eine Altersdurchmischung bei den Teilnehmern von 21 bis 67 Jahren. In den vorherigen Gruppen lag der Altersdurchschnitt der Teilnehmenden deutlich über 55 Jahren. „Für uns ist dies ein wichtiger Erfolg, um in Zeiten des demografischen Wandels zu bestehen, sprich der Überalterung der Mitarbeitenden und Mitglieder entgegenzuwirken“, so Meiners-Gefken.
Begeisterte Teilnehmende, neue Impulse und viel Motivation
Jede teilnehmende Gruppe war bisher von den Inhalten und über die Art des Lernens im „ERASMUS-Kurs“ begeistert. Da die Teilnehmenden in der Regel keine ausgebildeten Lehrer oder Pädagogen sind, wurden sie mit bisher unbekannten Lehrmethoden und deren Wirkung auf ihr eigenes Lernen konfrontiert. Vor allem beeindruckte sie auch der Austausch mit den europäischen Dozenten über deren Bildungsarbeit und Alltag. Die gewonnenen europäischen Lehr- und Lernerfahrungen ermutigte die Teilnehmenden oft schon während des Aufenthaltes ihre eigene Rolle in der Bildungsarbeit zu überdenken und neue Ideen für Kurse und Projekte zu entwickeln. Es zeigt sich, dass die Volkshochschule Krempe e.V. über das ERASMUS+ Programm zunehmend attraktiver wird für neue und auch jüngere Vereinsmitglieder und Mitarbeitende. Diese bringen neuen Schwung und setzen zusätzliche Impulse für die zukünftige Vereinsarbeit. Damit kann auch eine kleine, ehrenamtlich geführte Volkshochschule zukünftig in der Krempermarsch bestehen.

Weitere Informationen
Das Projekt "Die neue Rolle des Ehrenamtes in der Erwachsenenbildung" war an der EPALE-Themenwoche "Für Europa eine Bereicherung: Mobilitätsprojekte in der Erwachsenenbildung" beteiligt. In diesem Zusammenhang berichtet eine Teilnehmerin über die Erfahrungen, die sie in Griechenland bei der Gestaltung von E-Learningkursen sammeln konnte.