„Ich kann nur jedem dazu raten“ - Ein Gewinn für alle: Gutes Ausbildungsmarketing mit Erasmus+
Die Firma Faßbender aus Bergheim schickt ihre Auszubildenden mit Erasmus+ ins europäische Ausland. Warum? Weil alle davon profitieren: die Azubis und der Betrieb. Und mit der Unterstützung der Berufsschule ist das ganz einfach.
Es klappert geschäftig in den Hallen der Firma Faßbender in Bergheim bevor die Kundendienst-Monteure am frühen Morgen ausschwärmen. Flex, Bohrhammer, Arbeitsschutzkleidung und was sonst noch an Material gebraucht wird für die Kundenaufträge vor Ort: alles will gut geplant und eingepackt sein. Die Auftragsbücher sind voll mit Aufträgen zur Bädersanierung, zum Bau von Solaranlagen oder zur Heizungswartung. Jede und jeder der 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird gebraucht. Auch die Auszubildenden, von denen es derzeit fünf gibt.
„Schön, wenn sie da sind. Noch schöner, wenn sie zurückkommen.“
Trotzdem ist es für Bernd Faßbender, den Inhaber der Heizungs- und Sanitärfirma, keine Frage, dass er seinen Auszubildenden ermöglicht, auch Auslandserfahrungen zu sammeln. Vier Wochen bei der Arbeit nicht da und das zusätzlich zur Berufsschule und zum Urlaub? Es lohne sich, sagt Faßbender überzeugt. „Die Azubis kommen motivierter zurück. Man spürt: Sie haben sich durchgeboxt im Ausland und lassen sich nicht mehr so schnell umpusten.“ So könnten sie anschließend besser mit der Kundschaft umgehen und „würden auch fachlich nicht dümmer“. Zum Beispiel hätten die Auszubildenden schon viel über den Austausch unterschiedlicher Heizungsanlagen dazu gelernt.
Keine zusätzliche Arbeit – dank der Berufsschule
Was es Faßbender leichter gemacht hat, seine Auszubildenden nach Spanien, Frankreich oder Finnland ziehen zu lassen, ist die Unterstützung der Berufsschule. „Wunderbar, wir müssen uns um nichts kümmern“ sagt der Firmenchef. Geeignete Partnerbetriebe auswählen, Reise und Unterkunft planen, Versicherungen abschließen: das alles übernimmt die Berufsschule. In diesem Fall das Adolf-Kolping-Berufskolleg in Horrem. Kirstin Groß, Klassenlehrerin der Anlagenmechaniker und -mechanikerinnen ist die enge Zusammenarbeit mit ihren Schülerinnen und Schülern und deren Ausbildungsbetrieben wichtig. „Wir wählen geeignete Schülerinnen und Schüler aus und motivieren die Betriebe, sich auf das Auslandspraktikum einzulassen.“ Das sei nicht immer ganz einfach, weil besonders die kleineren Betriebe Sorge hätten, dass nicht nur der Auszubildende fehle, sondern auch noch zusätzliche bürokratische Arbeit auf sie zukäme, wenn sie den Aufenthalt organisieren müssten. „Müssen sie nicht“, sagt Groß. Die Unterschrift des Chefs oder der Chefin reiche aus.
Die Azubis kommen gereifter zurück – und manchmal blühen sie sogar auf
Auch Studienrätin Groß steht hinter den Auslandspraktika. Die jungen Leute müssten sich den vierwöchigen Aufenthalt allerdings auch „verdienen“. Nur wenn Arbeits- und Sozialverhalten sowie die Noten stimmen, schlägt Groß den Schüler oder die Schülerin für das Praktikum vor. Die Reise sei für viele eine Belohnung und ein zusätzlicher Anreiz, sich anzustrengen. Oft sei sie erstaunt, dass eher kindliche Auszubildende losführen – und Erwachsene zurückkämen. „Sie müssen vor Ort für alles, was sie tun, auch Verantwortung übernehmen und sich behaupten“, beschreibt sie. Lange Arbeitszeiten, wenn gerade viel zu tun ist, aber auch sehr bereichernde Begegnungen mit netten Menschen und anderen Kulturen: Das löse bei einigen aus, dass sie „aufgeblüht“ nach Hause führen.
„Cool“
Daniel Glowinski, der 21 jährige Auszubildende der Firma Faßbender, ist jedenfalls begeistert von seinem vierwöchigen Praktikum in Oviedo, Spanien. „Ich habe auf jeden Fall davon profitiert“, sagt er. Mit zwei anderen Praktikanten wohnte er zusammen in einer kleinen Wohnung und begleitete die Monteure der kleinen Partnerfirma beim täglichen Kundendienst. „Ich konnte auch richtig mithelfen“, sagt er stolz.
Auch für seine Gesellenprüfung sei das Praktikum hilfreich gewesen, weil er zum Beispiel lernte, wie man Kupferrohre lötet. Das kannte er aus der Theorie und musste es nun praktisch anwenden. Mit Händen und Füßen und ein wenig Englisch hätte die Verständigung gut geklappt. Besonders „cool“ fand Glowinski, dass ihn der Monteur am letzten Abend zu sich nach Hause in die Familie einlud. „Alle waren so nett und haben sehr offen erzählt“ – Erinnerungen, die der Auszubildende nicht so schnell vergessen wird.
„Die guten Erfahrungen sprechen sich herum“
Firmenchef Faßbender hat mit Daniel Glowinski schon den dritten Auszubildenden ins Auslandspraktikum geschickt. Die Möglichkeit, vier Wochen in einem europäischen Land zu arbeiten und dort gute Erfahrungen zu machen, spräche sich unter den jungen Leuten in der Region herum, sagt er. „Wie alle Handwerksbetriebe müssen wir mehr um gute Auszubildende ‚buhlen‘ und uns bemühen, als Arbeitgeber interessant zu sein.“ Deshalb seien die Auslandsaufenthalte nicht nur ein persönlicher und fachlicher Mehrwert für Auszubildende und den Betrieb, sondern auch ein gutes Ausbildungsmarketing. „Ich kann nur jedem Betrieb dazu raten“, sagt Faßbender.
August 2019, Julia Göhring