Pflegeberufe durch Auslandsaufenthalte stärken - Warum die kbs Akademie für Gesundheitsberufe für ihre Azubis Auslandspraktika organisiert
Finnland, Spanien, Israel oder Ghana: Cordula Gallois und Markus Welters schicken ihre Schülerinnen und Schüler weit in die Welt hinaus, damit sie möglichst viel lernen können über gute Pflege – und fürs Leben. An der kbs Akademie für Gesundheitsberufe organisiert das Koordinationsteam der Schule Auslandspraktika für ihre Auszubildenden. Unterstützt werden sie dabei auch von ERASMUS+.
„Früher habe ich ehrenamtlich auf internationalen Sommercamps gearbeitet. Über den eigenen Tellerrand zu schauen, erweitert die persönliche Kompetenz“, weiß Cordula Gallois aus eigener Erfahrung. Auch heute noch kann sie sich für interkulturellen Austausch begeistern. Die Lehrerin für Pflege und Gesundheit ist seit 2010 für Auslandsprojekte an der kbs zuständig.
Lernen, sich aufeinander verlassen zu können
Markus Welters muss kurz überlegen: Was seine persönlichen Ziele waren, als er 2017 begann, die Auslandsprojekte der kbs zu begleiten? Schnell ist klar: „Mit Menschen in Kontakt kommen, mich möglichst gut vernetzen.“ Teamarbeit ist für den Gesundheits- und Krankenpfleger, der ebenfalls an der kbs unterrichtet, auch ein wichtiges Lernziel für die Pflegeschülerinnen und -schüler: „Die Infrastruktur und die ökonomische Seite sind nicht immer alles. Ein gut funktionierendes Team macht oft den Unterschied in der Pflege aus.“
„Auch deshalb“, erklärt Markus Welters, „schicken wir immer mindestens zwei unser Schülerinnen und Schüler zusammen los ins Auslandspraktikum. Dort sind sie dann auf sich alleine gestellt. Sie müssen Sozialkompetenzen entwickeln, sich aufeinander verlassen können, lernen, Absprachen einzuhalten.“
Attraktivität von Schule und Arbeitsplatz stärken
„Dort“ sind im laufenden Erasmus+ Projekt Altenpflege-Einrichtungen oder Krankenhäuser in den Niederlanden, in Frankreich, Finnland und Spanien. Mit ihren Auslandsprojekten kann die kbs auch bei potentiellen Bewerberinnen und Bewerbern sowie Ausbildungssuchenden punkten. Denn auf deren Frage „Was bieten Sie denn noch so an?“ haben Cordula Gallois und Markus Welters so gleich eine ganze Reihe von guten Antworten. Zusätzlich bestehen außerdem noch weitere Kooperationen mit Einrichtungen weltweit, etwa im Westjordanland oder Ghana.
Mit guter Vorbereitung den Erfolg sichern
Zwölf durch Erasmus+ geförderte Plätze pro Jahr können Cordula Gallois und Markus Welters vergeben. Gute Schulnoten sind eine der Voraussetzungen, um angenommen zu werden. „Wir gucken aber auch nach Zuverlässigkeit und Fehlzeiten, wir wollen sicher sein, dass es vor Ort klappt“, so Cordula Gallois. Sie erklärt: „Wir halten außerdem Rücksprache mit den Kursleitungen und natürlich mit dem Träger, bei dem die Schülerinnen und Schüler die praktische Ausbildung absolvieren.“
Die müssen sich selbst im Vorfeld gründlich über das Zielland informieren: Klima, Bevölkerung, politisches System, Geschichte, Wirtschaft; sie sollen wissen, was sie erwartet. Aber Markus Welters und Cordula Gallois reflektieren mit den Schülerinnen und Schülern auch den eigenen Hintergrund: Wie ist das eigentlich bei uns? Politisches System, Werte, Leitbild?
Gallois und Welters kümmern sich außerdem um Versicherungen, die Kooperationspartner organisieren die Arbeitsplätze und Unterkünfte. Welters betont: „Dass man sich auf den anderen verlassen können muss, gilt ja auch für uns. Das kleinste Detail ist geplant, alles ist gut organisiert. Denn das ist für die Schülerinnen und Schüler gleich ein anderes Ankommen, wenn alles klappt.“ Vor Ort haben diese jeweils eine feste Ansprechperson. Und auch die Ausbilderinnen und Ausbilder bleiben in Kontakt: „Wir schreiben mindestens einmal wöchentlich per E-Mail. So erfahren wir, wenn jemand etwa krank ist oder zwei Tage nacheinander fehlt“, so Markus Welters.
Die Qualität der Ausbildung steigern
„Wir arbeiten die in Finnland? Wie in Spanien?“ Das zu erleben, sei eine wichtige Erfahrung, erläutert Markus Welters. Es sei gut, einmal über Standards in der Pflege nachzudenken, etwa „Ist die Ausbildung hier gleichwertig? Oder: Wie weit ist die Digitalisierung hier?“
Und Cordula Gallois attestiert ihren Schülerinnen und Schülern dass sie beruflich ein „gestärktes Rückgrat mit zurückbringen“. Wobei, erklärt sie, diese Erfahrung auch auf einer anderen Ebene stattfinden könne, etwa, wenn die Schülerinnen und Schüler erleben, dass der gesellschaftliche Stand der Pflegenden ein anderer sei, zum Beispiel, weil es ein Studium und keine Ausbildung sei oder wenn der Personalschlüssel höher sei. „Manchmal“, ergänzt sie, „führt das Auslandspraktikum aber auch zur Wertschätzung des eigenen Systems – zuhause ist es auch schön.“ Insgesamt seien die Teilnehmenden am Auslandspraktikum flexibler und selbständiger nach ihrer Rückkehr, beobachtet Cordula Gallois. Davon profitierten natürlich auch die Träger. „Und bislang hat es allen wirklich gut gefallen“, weiß Markus Welters.
August 2019, Julia Göhring
Bildung für Europa - Nr. 2019/30: Pflege - aktiv im Alter
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