Erfolgsrezepte für die Gastronomieausbildung - Die Strategische Partnerschaft GastroINKLUSIV gibt Impulse für inklusives Lernen in der Berufsbildung
Die Strategische Partnerschaft GastroINKLUSIV zeigt am Beispiel der Gastronomie auf, wie inklusives Lernen und die Sensibilisierung für Nachhaltigkeitsthemen in der beruflichen Bildung gelingen können. Die Europäische Kommission nominierte das Projekt für den 2019 VET Excellence Award.
Die Teilhabe von Menschen mit besonderem Förderbedarf an Ausbildung und Arbeit trägt erheblich dazu bei, Menschenrechte zu stärken und Fachkräfte zu sichern. Zugleich kann eine gute Ausbildung die Lebensqualität aller Beteiligten erhöhen. Damit der Prozess gelingt, braucht es passgenaue Angebote für Menschen mit und ohne Handicap. Das vom Entwicklungspolitischen Bildungs- und Informationszentrum e.V. (EPIZ) in Berlin und der Berliner Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit mbH (BGZ) initiierte Projekt GastroINKLUSIV liefert hierzu wichtige Impulse.
„Uns ging es darum, beispielhaft für die Gastronomie Möglichkeiten für inklusives Lernen in der beruflichen Bildung aufzuzeigen. Dazu haben wir gemeinsam mit unseren internationalen Partnern Lernmodelle entwickelt und Empfehlungen für Berufsschulen und Unternehmen formuliert“, bringt Janika Hartwig, Projektkoordinatorin beim EPIZ, die Ziele von GastroINKLUSIV auf den Punkt. Ein wesentlicher Baustein des in den Jahren 2016 bis 2018 mit elf Partnereinrichtungen aus Deutschland, Österreich und Italien umgesetzten Projekts war die Erarbeitung geeigneter Materialien für Schulen und Betriebe. Als praxisnahen Einstieg wählte die Projektgruppe dazu das Thema „Nachhaltiges Handeln im beruflichen Alltag“.
Die Gastronomie stellt ein Berufsfeld dar, in dem vergleichsweise viele Jugendliche mit unterschiedlichen Handicaps ausgebildet werden. Zugleich spielt Nachhaltigkeit im Hotel- und Gaststättengewerbe eine immer größere Rolle – sowohl aus betrieblichen Gründen als auch aus Perspektive der Gäste. „Vor diesem Hintergrund haben wir sehr genau hingeschaut, welche Nachhaltigkeitsthemen in der Ausbildung relevant sind“, unterstreicht Hartwig.
Vielfältige Kooperationspartner
Hervorgegangen ist GastroINKLUSIV aus zahlreichen Gesprächen mit Akteuren im Spannungsfeld Inklusion und berufliche Bildung: von der schulischen und außerschulischen Berufsbildung bis zu Ausbildungsbetrieben, Gastronomie- und Hoteleinrichtungen. So vielfältig wie die Partner selbst sind auch deren Erfahrungen mit Inklusion und Nachhaltigkeit. Laut Projektkoordinatorin Hartwig gibt es hierzulande in punkto inklusivem Unterricht nach wie vor Nachholbedarf, in Italien beispielsweise werde bereits seit vielen Jahren inklusiv unterrichtet.
Als zentrales Produkt von GastroINKLUSIV wurden Unterrichtsmaterialien für verschiedene Sprachniveaus und Lernbedürfnisse realisiert. Inhaltlich beschäftigen sich diese sowohl mit nachhaltigem Wirtschaften als auch mit der Globalisierung und ihren Auswirkungen auf den Gastronomiebereich. Einzelne Lerneinheiten vertiefen Aspekte wie die ressourcenschonende Erzeugung und Lagerung von Obst und Gemüse sowie Themen wie Lebensmittelverschwendung und religiöse Speisevorschriften. Zudem thematisiert ein Planspiel Geflügelexporte nach Ghana und greift somit auch Fragen des Welthandels und der globalen Gerechtigkeit auf.
Ein starkes Gesamtpaket
Ergänzt werden die Unterrichtsmaterialien durch ein Handbuch, das Empfehlungen zur Konzeption und zum Einsatz von inklusiven Lernmaterialien sowie zum Aufbau von Kapazitäten und Kompetenzen bei unterschiedlichen Akteuren gibt. Zum Servicepaket gehört darüber hinaus ein Good-Practice-Papier mit Praxisbeispielen aus den drei beteiligten Ländern. Die Beispiele liefern konkrete Tipps zur Umsetzung der Inklusion im schulischen und betrieblichen Alltag. Dabei geht es auch darum, Lehrende sowie Ausbilderinnen und Ausbilder vor Ort von Beginn an aktiv in den Prozess einzubeziehen und die Vorteile der Inklusion für sie erlebbar zu machen. Auf diese Art und Weise sollen Schulen und Betriebe dazu befähigt werden, eigene Ansätze und Standards zu kreieren und eine „Kultur der Inklusion“ zu etablieren.
Das Modellprojekt hilft als „Gesamtpaket“, Inklusion in der Beruflichen Bildung voranzutreiben und die Rahmenbedingungen für die Beschäftigung benachteiligter Jugendlicher zu verbessern. Auch über das eigentliche Projektende im Jahr 2018 hinaus erhält es dafür Anerkennung von verschiedener Seite. So lobt Andreas Truglia, Ausbildungsberater der IHK Berlin: „Wir unterstützen GastroINKLUSIV, weil Bildung und damit auch Ausbildung zu den öffentlichen Gütern gehören, zu denen eine demokratische Gesellschaft all ihren Mitgliedern bestmöglichen Zugang geben muss. Hinzu kommt, dass durch das Projekt neue Fachkräfte für die Branche gewonnen werden.“
November 2019, Manfred Kasper
Fotos: Europäische Kommission, GastroINKLUSIV
„Für uns war es eine große Anerkennung!“
EPIZ-Projektkoordinatorin Janika Hartwig zur Verleihung der 2019 VET Excellence Awards in Helsinki und zur Innovationskraft des Projekts GastroINKLUSI