Frieden für Kleine und Große - fortschrittliche Lehrpraxis für angehende pädagogische Fachkräfte

Frieden ist ein universelles Konzept, das Menschen in allen Lebenslagen beeinflusst und unser Zusammenleben prägt. Von der Kindheit bis ins Alter ist der Wunsch nach Frieden fest in uns verankert. Auf kleiner Ebene kann es das Bedürfnis nach innerer Ruhe nach einem herausfordernden Tag sein. Auf weltpolitischer Ebene ist es der Wunsch nach Sicherheit. Was wir unter Frieden verstehen, kann sehr individuell sein. Doch wie lernt man Frieden? Dieser wichtigen Frage nahm sich das Erasmus+-Projekt PEEC (Peace Education in Early Childhood to prevent Bullying) an. Es wurde dieses Jahr in der Kategorie „berufliche Bildung“ mit dem European Innovative Teaching Award (EITA) auf der Jahrestagung der Nationalen Agentur ausgezeichnet.

Eine Vision der Friedenserziehung

Die Idee von PEEC ist es, in Kindertagesstätten ein Verständnis von Frieden zu vermitteln, um Mobbing vorzubeugen. Genau dort kam Lars Menzel bei einem Besuch die Idee zum Projekt. Menzel ist Leiter der Johanniter-Akademie Mitteldeutschland, deren Leistungsportfolio Berufsausbildungen sowie Fort- und Weiterbildungsangebote für den Sektor Gesundheit und Soziales umfasst. Er fragte sich, warum das Thema Frieden heute selten Bestandteil der frühkindlichen Bildung ist, obwohl es in seiner eigenen Kindheit eine große Rolle spielte und ob dies in anderen Ländern auch der Fall sei. Im Austausch mit internationalen Partnern wurde schnell deutlich – der Bedarf ist da. Woran es haperte, waren Lernressourcen und Kompetenzen, die es angehenden Elementarpädagoginnen und Elementarpädagogen in der frühkindlichen Erziehung  ermöglichen, das Thema niedrigschwellig zu vermitteln. Eine Lücke, die Menzel mit seinen Projektpartnern schließen wollte. In der professionellen pädagogischen Arbeit sei es für Menzel „unabdingbar“, sich mit den „Regeln und Leitlinien von Frieden im Kleinen und Großen“ auseinanderzusetzen.

 

Eine Traumreise als Friendensübung

Lars Menzel, Leiter der Johanniter-Akademie Mitteldeutschland 

Der europäische Blick über den Tellerrand

Auch für Menzels Kollegin Jana Goldberg, Fachbereichsleiterin für Internationale Bildung und Integration und Projektkoordinatorin von PEEC, war das Projekt eine „Herzensangelegenheit“. Beide betonen, die internationale Zusammenarbeit sei ein Schlüsselfaktor für den Erfolg von PEEC gewesen. Zu Beginn der Partnersuche wurde recherchiert, wer sich auf internationaler Ebene bereits mit dem Thema beschäftigte. Am Ende fanden sich Partner aus Deutschland, Spanien, Kroatien und Litauen zusammen, um ein gemeinsames Verständnis zu erarbeiten. „Erasmus+-Projekte bieten den großen Vorteil, dass man die europäische Idee lebt. Man schaut über seinen eigenen Tellerrand und kocht nicht nur sein eigenes Süppchen“, betont Goldberg. Eine Bedarfsanalyse in Form einer Umfrage in den Teilnehmerländern gab dem Projekt einen Rahmen. So konnte gewährleistet werden, dass Wünsche und Herausforderungen im Arbeitsalltag bei der Konzeption der Materialien mitberücksichtigt werden.  

 

Impulse aus der Praxis

Denn der Job einer Erzieherin und eines Erziehers ist anspruchsvoll. In der Realität bleibt oft wenig Zeit, sich in Themen tiefer einzuarbeiten. Viele haben bisher wenig Berührungspunkte mit Friedenserziehung. Daher waren sich alle Partner einig: Die entwickelten didaktischen Materialien müssen auch mit wenig Ressourcen „so praxisorientiert wie möglich“ sein. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Neben einem Curriculum für die Implementierung von Friedenserziehung in der frühkindlichen Bildung hat das Projekt auch ein Fortbildungskonzept sowie einen Methodenleitfaden ausgearbeitet. Das Besondere: „Man muss sie wirklich nur aus dem Schrank nehmen und es steht alles drin, was man braucht. Es ist eine Schritt-für-Schritt Anleitung“, berichtet Jana Goldberg begeistert.

 

 

Jana Goldberg, Projektkoordinatorin von PEEC

Der modulare Aufbau der Materialsammlung erlaubt es den Anwendenden, sich einen individuellen Lernbaukasten je nach Anzahl der Kinder, Dauer und gewünschtem Lernformat zusammenzustellen. Die Themenschwerpunkte sind breit gefächert und reichen von Toleranz und Inklusion bis hin zu Mitgefühl und Cybermobbing. Den Kindern, aber auch den Erzieherinnen und Erziehern, sollen mithilfe der Lerninhalte nach und nach eine innere Haltung des Friedens vermittelt werden. „Selbstfürsorge spielt ebenfalls eine zentrale Rolle. Wer in stressigen Alltagssituationen für sich selbst sorgt, kann Frieden im Inneren bewahren und nach außen tragen,“ erklärt Goldberg.

Ein ausgezeichnetes Konzept

Das Erasmus+-Projekt PEEC zeigt eindrucksvoll, wie internationale Zusammenarbeit und innovative Lehrmethoden dazu beitragen können, den Grundstein für eine friedlichere Zukunft zu legen. Für ihr Engagement wurde die Johanniter-Akademie Mitteldeutschland mit dem European Innovative Teaching Award (EITA) in der Kategorie „berufliche Bildung“ ausgezeichnet. Jedes Jahr honoriert der Preis, der von der Europäischen Kommission verliehen wird, ein Projekt für seine fortschrittlichen Lehrpraktiken zu ausgewählten Themenschwerpunkten. In diesem Jahr lag der Fokus auf psychischer Gesundheit und Wohlbefinden an Schulen. Die Jury überzeugte der ganzheitliche Ansatz des Projekts und die Verbreitung der Projektergebnisse.

 

Friedenserziehung als berufliche Weiterbildung

Das Weiterbildungskonzept kam so gut an, dass es in Litauen offiziell anerkannt wurde und seither in die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern integriert werden kann. Auch in Spanien, Kroatien und Deutschland wurden nach Projektende Weiterbildungen angeboten. Die Johanniter-Akademie setzt zum Beispiel auf Schulungen von Multiplikatoren, um das Konzept zu verbreiten und in die Praxis zu bringen. Eine Teilnehmerin schrieb Goldberg nach der Fortbildung: „Die Kinder haben gefragt, wann sie so etwas wieder machen können.“ Sie schloss ihre Nachricht mit den Worten: „Das sagt doch alles“. Anschlussmöglichkeiten für das Projekt sehen Lars Menzel und Jana Goldberg mit der Zielgruppe der jungen Erwachsenen. Langfristig wünschen sie sich jedoch eine feste Verankerung der Friedenserziehung in der Bildungslaufbahn von pädagogischem Personal.